🇩🇪🇨🇭Management Summary Modul 3 (27-29. Juni 2017)

Und wieder sind drei intensive, emotionale, erschöpfende, bewegende, informative …Tage vorbei.
Der Austausch mit meinen Klassenkameraden außerhalb des Unterrichts war ebenfalls wieder sehr erbaulich und bereichernd.
Der Fokus lag dieses Mal auf zwei Themen: Empowerment und Stigmatisierung.

Empowerment

Ein Wort und Konzept womit ich - für mich nicht erklärbar - Probleme habe, es zu verstehen und in den Kontext mit einer Klinik zu integrieren.

Don’t know why. Ich habe die Erklärung minimum 15 mal schon gelesen, aber aus welchem Grund auch immer hat mein Gehirn Probleme, es zu verarbeiten.

Item, ich werde versuchen es hier zu erklären, vielleicht fange ich ja dann auch an, das Konzept zu verstehen.

Beim Empowerment wird versucht, dem Patienten seine Selbständigkeit und Autonomie wieder zu geben. Der Patient soll wieder ermächtigt werden, seine Interessen selbstbestimmt und in Eigenverantwortung vertreten zu können.

Auch wichtig beim Empowerment ist das Ziel, dass der Patient nach dem Austritt aus der Klinik wieder in seinen Alltag findet und ein „normales“ Leben wieder aufzunehmen kann.

Ein weiteres Ziel des empowerns ist, den Kreislauf von Wiedereintritten in die Klinik zu durchbrechen.

In diesem Kontext kann ein Peer helfen, Ressourcen des Patienten wieder zu entdecken, die in einer Krise gerne verschüttet und nicht erreichbar sind.

Ein Beispiel von Empowerment aus meiner eigenen Zeit als Patient kann ich hier noch präsentieren.

Ich war von Anfang an involviert in die Medikation und die Dosierung. Mir wurde nie ein Medikament aufgezwungen. Als ich dies meinen Klassenkameraden erzählte, erntete ich erstaunte Blicke. Sie berichteten leider von ganz anderen Erfahrungen.

Das zweite Hauptthema war Stigmatisierung


DEFINITION
Quelle

Stigmatisierung bezeichnet einen Prozess, in dessen Verlauf innerhalb einer Gesellschaft bestimmte äußere Merkmale von Personen und Gruppen, zum Beispiel farbige Haut oder eine sichtbare Behinderung (behindert), mit negativen Bewertungen belegt und die Betroffenen, als "die Farbigen", oder "die Körperbehinderten" in eine Randgruppenposition gedrängt werden. Stigmatisierte Personen werden somit bei gesellschaftlichen Interaktionen primär über dieses negativ konnotierte Merkmal wahrgenommen; andere Merkmale, zum Beispiel der Charakter oder Bildungsstand können dieses Stigma nicht kompensieren.

Stigmatisierung und Selbst-Stigmatisierung sind Themen, die mich sehr bewegen, motivieren und einfach sehr wichtig für mich sind.


Der „Kampf“ gegen Stigmatisierung von psychisch kranken/behinderten Menschen ist einer der Hauptgründe, wieso ich diesen Blog ins Leben gerufen haben.

Es ist mir sogar so wichtig, dass ich meine Blog-Post’s mit meinem Namen signiere. Normalerweise lege ich grossen Wert auf Anonymität.

Aber ich habe mich nach langem Nachdenken über das Für und Dagegen, dazu entschieden, mich nicht hinter einem „Nickname" zu verstecken. Das Thema ist zu wichtig. Ich habe einen grossen Vorteil und bin mir dessen bewusst. Für mein(e) zukünftige(n) Arbeitgeber wird meine Erkrankung kein Problem sein, da das im „Paket Peer“ automatisch dazu gehört. Ich muss keine Repressionen fürchten, was für andere Erkrankte leider häufig nicht gilt.

Ich bin also fähig, es zu machen, also fühle ich mich gewissermassen dazu verpflichtet, auch für meine und unsere Belange einzustehen.

Für mich ist es auch wichtig, einen Gegenpol zu schaffen gegenüber alteingesessenen Medien. Die Berichterstattung ist teilweise schlecht oder falsch. Ich unterstelle keine Vorsätzlichkeit, mehr Unwissenheit und schlechte, unzureichende Recherche.

Zum Thema Selbst-Stigmatisierung: Da bin ich leider selbst immer noch nicht immun dagegen.

Wir hatten an diesem Tag zum ersten mal Gäste und durften Therapeuten und Pflege-Fachpersonal begrüssen. Wir haben Vorträge zu den beiden Hauptthemen gehalten, und danach hatten wir eine gemeinsame Diskussion.

Beim Thema Empowerment war ich mir, wie oben schon angetönt, nicht so sicher.

Bevor die Empowerment-Präsentation begann, hatte ich Gedanken wie „Du wirst versagen“ „Du wirst peinlich sein“ und so weiter.

Dann kamen mir aber auch Gedanken wie „Hey, du hast wieder alte Gedankenmuster“ oder „Beruhige dich, es wird schon gut werden“.

So kam es dann auch. Der Vortrag und die Diskussion sind gut verlaufen. Ich war trotz Erschöpfung sehr präsent. Meine alten Verhaltensmuster waren falsch und unbegründet.

Nur zum Sagen und zu deiner Ermutigung: Ich bin zwar auf meinem eigenen Recovery-Weg losgelaufen, aber auch ich bin öfters am Stolpern. Wichtig ist, sich wieder zu fangen und weiter zu laufen. Vielleicht gibt es ja auch dem einen oder anderen Hoffnung, wenn ich über meine Schwierigkeiten berichte.


Neben diesen beiden Hauptthemen hatten wir wieder mehrere KGA’s (Klein- Gruppen-Arbeiten)

Wenn ich ein Highlight herausnehmen möchte, fällt mir spontan die Übung mit den 10 Wörtern ein.

Der Start war extrem harzig, weil mich meine Erschöpfung komplett ausgestochen hat.

Dann beschloss ich, mich aus der Lethargie zu befreien und um Hilfe zu fragen. Was ist dann passiert?

Ich bat um Hilfe und bekam sie auch.

Es brauchte viel Überwindung, mir das einzugestehen und dementsprechend dann zu handeln. Der Lohn war die Erkenntnis, dass ich Hilfe bekomme, wenn ich danach frage. Das Ganze auch noch mit viel Wohlwollen, Freundlichkeit, Fröhlichkeit und Unterstützung.

Hat mir gut getan!

Die eigentliche Übung als solches war für mich auch grandios und das grösste von vielen Geschenken, die ich wieder erhalten habe.

Die unterschiedliche Deutung meiner Symbolik, die ich gewählt habe, war spannend, emotional und hat für mich auch neue Erkenntnisse gebracht.

Ich werde schon wieder sehr aufgewühlt, jetzt, wo ich wieder darüber nachdenke.

Ich verspüre grosse Dankbarkeit.

Empowermentgeschichte
10 Worte


Die Aufgabe

Schreibe deine Geschichte mit 10 Worten (Substantiven)

• Finde einen Titel (gerne auch einen etwas phantasievollen)
• Präsentation der Geschichte in der Kleingruppe

• lese deine 10 Worte langsam vor (ohne Titel)

• lese deine Geschichte nochmals mit deinem Titel vor

• die anderen beschreiben nun kurz, welche Bilder in ihnen entstanden sind, welche Geschichte sie gehört haben (bitte nicht kommentieren)

• Erkläre nun deine Geschichte

• Nächste Geschichte ... 
• Abschluss nach allen Geschichten: 
• Was wurde verstanden, was wurde nicht verstanden, was war überraschend?


Die Geschichte der Anderen ist zu persönlich, um sie hier zu präsentieren. Auch wenn ich es anonymisieren würde, könnte man die Geschichtenerzähler identifizieren.

Nun aber zu meinen Wörtern:


Hoffnungslos

Angst 

Versager 

Wertlos 

Lebensmüde 

Zündhölzli 

Hoffnung 

Fixstern 

Zukunft 

Peer


1. Deutung von Klassenkamerad:


… Ich hatte nach langer Zeit eine Schachtel Zündhölzli in meiner Hosentasche entdeckt und eines angezündet. Ich hatte einen Weg aus dem Loch gefunden. Oben angekommen ist es dann wieder dunkel geworden. Als sich aber meine Augen an die Dunkelheit gewohnt hatten, fiel mir der Sternenhimmel auf. Ich entdeckte einen Fixstern und folgte ihm in eine bessere Zukunft als Peer.

2. Deutung von Klassenkamerad:

… das kleine Feuer des Zündholzes wurde grösser und grösser und entwickelte sich zu meinem Fixstern. Auf dem Weg verbrannte es die negativen Gefühle. Nun leuchtet es und gibt mir Orientierung in die Zukunft als Peer.

Meine Geschichte, die hinter den 10 Worten steckt ist diese (Kurzversion):

Nach vielen Jahren der Hoffnungslosigkeit, der Angst, dem Gefühl, ein Versager zu sein und sich wertlos zu fühlen, kam ich zu dem Punkt, an dem ich lebensmüde wurde.

Sogar so weit, dass ich auf die Zuggleise sprang.

Wenig später besuchte ich einen Kurs mit dem Titel „Recovery“. Lustige Hintergrundinfo: Ich besuchte den Kurs zu Beginn nur, weil ich nicht in meine eigentliche Therapie gehen wollte.

Zufälle gibts…

Anyway, in diesem Kurs traf ich meine erste Genesungsbegleiterin oder eben Peer. Für mich war ihre Lebensgeschichte und ihre Krise schlimmer als meine eigene. So entzündete sich ein Flämmchen von einem Streichholz der Hoffnung in mir. Ich dachte, wenn sie es geschafft hat, habe auch ich die Chance, es zu packen.

Dieser Kurs war wirklich für mich der Weg aus der Hoffnungslosigkeit. Die Hoffnung, eine Zukunft zu gestalten, die für mich lebenswert ist, begann Form anzunehmen. Der Wunsch, Peer zu werden und ebenfalls Hoffnungsträger für andere Patienten zu sein, wurde zu meinem Fixstern, wie ich meine Zukunft gestalten wollte. Mit vielen Zufällen und Glück habe ich wirklich einen der Plätze in der Weiterbildung ergattert.

Das ist die Story hinter meinen 10 Wörtern. Die Beschreibungen der Anderen hat mich recht bewegt. Es war auch für mich spannend zu erfahren, wie andere Menschen meine gewählte Symbolik deuten.

Für mich wird diese Übung lange im Gedächtnis bleiben, ich hoffe, wir machen ähnliche Sachen nochmals in der Zukunft.

Mein Praktikum werde ich damit verbringen, mit der damaligen Kunstlehrerin den Recovery-Kurs für jetzige Patienten der Akut-Station durchzuführen. Es schliesst sich ein Kreis - und das finde ich grossartig.

Was bleibt am Ende des Tages ist die Überzeugung, dass sich einiges bewegt, zumindest in einigen psychischen Einrichtungen.

Unser Recovery/Peer-Movement ist noch sehr jung. Dennoch ist schon einiges in Bewegung gekommen. Ich bin der Überzeugung, dass ich (wir) uns auf dem richtigen Weg befinden.

Ein gutes und befreiendes Gefühl.

So, ich denke, das soll es für dieses Mal mit meiner Zusammenfassung gewesen sein. Ich fühle mich weiterhin privilegiert, Teil einer außergewöhnlichen Gruppe von tollen Menschen zu sein, die ich mittlerweile als Freunde bezeichne.

Bis die Tage -  Freunde der Nacht

Best regards, 
Dirk P. Flörchinger


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