KITZ Aufenthalt 27.4.17-2.5.17

Der Anfang des Grundes, warum ich ins KITZ ging, liegt daran, dass mich ein Traumata übermannte. Aber am Einfachsten zitiere ich mich selber. Der folgende Teil ist aus diesem Post fast 1:1 übernommen.

„Mein schwerstes und bis dato noch unbehandeltes Trauma wurde „ge-triggert“ (ausgelöst). Alle Dämme brachen. Ich war wieder zurück in meinen Gedanken an dem Ort und in der Situation meines Top-Traumas. Insgesamt weinte ich dann gute 7 Stunden. Was nach dem Trigger noch geschah, weiss ich nicht. Ich war doch schon sehr stark mit mir beschäftigt.
Unser Referendar, der auch ausgebildeter Psychiater ist, unterstützte mich bis und mit der Zeit, in der ich im Zug Richtung Brugg und schlussendlich Richtung Königsfelden und KITZ (KRISENINTERVENTIONS- UND TRIAGEZENTRUM) sass.

Was ich hier aber noch anmerken möchte, sind zwei körperliche Sachen, die mir in dieser so emotionalen Situation auffielen. Ich weinte zwar stundenlang, verspürte jedoch keine Traurigkeit und ich zitterte am ganzen Leib, wie ein ständiger Schüttelfrost, aber auch ohne Fieber oder kalt zu haben.
Auch kann ich sagen, dass ich es als Geschenk ansehe, was mit mir in dieser Zeit geschehen ist. Ein grosser Dank an die Gruppe und die Leitung, die mich aufgefangen haben.

Ich kündigte in der Abschlussrunde des Kurses an, das ich ins KITZ gehen würde, so dass sich die Anderen keine Sorgen um mich machen mussten.
Ich wurde von einigen Gruppenmitgliedern umarmt und mir wurden schöne Sachen ins Ohr geflüstert, die mich auch bewegten.

Ich hatte im Vorfeld so viel Angst, dass ich mich nicht in die Gruppe integrieren könnte und ich mich als Ausgestossener fühlen würde. Diese Ängste waren zum Glück unberechtigt. Ich fühle mich integriert und wohl. Besser hätte es nicht laufen können.“

Soweit meine frühere Ausführung. … Sich selbst zu zitieren - ist das wohl auch ein Symptom irgendeiner psychischen Erkrankung? ;-) Wenn ich es nicht vergesse, frage ich mal meinen Psychologen.

Ich steige bei meiner Zugfahrt nach Brugg wieder ein.

Ich sitze also weinend und zitternd im Zug, aber es geht mir gut. Ich bin überwältigt von Gefühlen.
Eines dieser Gefühle ist Stolz und Selbstbestätigung. Ich erkenne, dass die Techniken und Therapien auf der CBASP Station (((LINK WIKI ERKL))) (((GLOSAR CBASP))) mich unfassbar weiter gebracht hat. Ich meisterte mindestens 20 Situationen, an denen ich noch vor 6 Monaten zerbrochen wäre. Ich fiel nicht, obwohl ich so emotional war, in alte, negative Gedankenmuster zurück.
Ich erkannte, dass, was mit mir in diesen Stunden passierte, neu war. Meine Depression, Ängste und andere Einschränkungen, die ich habe, verstehe ich und ich habe gelernt, mich zu arrangieren mit ihnen.

Ich habe es bildlich so beschrieben: Es gibt in mir verschiedene Räume. Zum Beispiel meinen Depressionsraum. Ich kenne diesen Raum sehr gut. Alles von der Wandfarbe, bis zu den Objekten, die sich im Raum befinden. Es gibt Werkzeuge, die ich kenne, die sortiert in einer Werkzeugkiste sind und mit denen ich ein Werkstück bearbeiten kann.
Nun befand ich mich aber in einem neuen Raum, in dem ich noch nie war. Auch in diesem Raum sind Objekte. Aber wild verteilt im Raum. Ich kann weder die Objekte benennen, noch etwas damit anfangen. Ich bin überfordert mit der Situation, die ich nicht einmal benennen kann.

Es ist schwierig es zu beschreiben, ich hoffe das Du es so einigermassen nachvollziehen kannst.

Irgendwann bin ich in Brugg angekommen und ich stellte mir nochmals die Frage, ob ich nach Hause oder ins KITZ laufen solle. Wie ich mich entschieden habe, ist ja schon bereits aus der Überschrift ersichtlich. 10 Minuten später stand ich dann vor dem Eingang des KITZ.

Ich starrte den viereckigen Knopf einige Minuten an. In der Zwischenzeit hatte ich mich beruhigt. Von aussen sah man mir nicht an, was gerade in mir vor sich ging.
Nach reichlicher Überlegung drückte ich den Knopf. Innert Sekunden wurde mir geöffnet.

Dann kam der bürokratischer Teil. Danach hatte ich ein Triage-Gespräch mit einem Psychiater, der nicht von der PDAG angestellt ist. Er erklärte mir, dass er 8 mal oder so pro Jahr in eine Klinik müsse, um Triagedienst zu leisten. Als motiviert oder happy mit der Situation würde ich ihn nicht beschreiben. Das Gespräch plätscherte so vor sich hin. Er wollte wieder und wieder wissen, was mir in den letzten 2 Wochen Freude gemacht habe. Ich erzählte ihm natürlich von der Weiterbildung . Er kam wieder und wieder auf Fragen zurück, die zur Diagnostik von Depressionen wichtig sind. Ich versuchte ihm nahezulegen, mir andere Fragen zu stellen, da ich nicht wegen meiner diagnostizierten chronischen Depression hier war. Er ging nicht darauf ein und folgte uninteressiert seinem Ablauf. Nach 45 Minuten kam er zum Schluss, ich sei ja gut eingebettet und ich solle doch meinen ambulanten Psychologen mit der Situation behelligen und jetzt heim gehen.
Dann war meine Selbstbeherrschung aufgebraucht. Ich sagte ihm, dass ich mich verarscht und nicht ernst genommen fühle. Fand er verständlich nicht so dufte. Er sagte mir, wenn ich ihm sagen würde, dass ich nicht nach Hause ginge, er dann den Fall abgeben würde. Es käme dann ein Arzt der PDAG, der mich nochmals interviewen würde. Anscheinend hatte ich das Schlüsselwort gefunden.

Ich begrüsste seinen Vorschlag. Wir verabschiedeten uns und ich wurde von einer Pflegerin übernommen. Sie zeigte mir mein Zimmer. Ich legte meine Jacke und den Rucksack ab und setzte mich aufs Bett. Innert weniger Minuten fing das Weinen und Zittern wieder an. Irgendwann kamen dann auch keine Tränen mehr. Die Pflegerin kam wenige Minuten später, um nach mir zu schauen. Sie brachte mir eine frische Packung Taschentücher und umsorgte mich auch sonst sehr lieb.
Ich ging dann so ins 23 Uhr ins Bett. - Was für ein Tag!

Ich schlief fest, sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass ich wenig und nicht erholsamen Schlaf während der Kurstage hatte.
Nach dem Wecken spürte ich, wie das Zittern wieder anfing. Diesmal zum Glück ohne das ich wieder zu weinen begann. Alles in allem weinte ich ca 7 Stunden, ich dachte das sollte jetzt reichen.
Erst mal duschen hiess es dann. Ich bekam alles gestellt von der Station, von Shampoo, Unterwäsche Zahnputzutensilien…
War das duschen schön, erfrischend und entspannend. Danach ein ereignisloses Frühstücksessen und Morgenrunde.

Dann hatte ich das eigentliche Aufnahmegespräch. Mir wurde zugehört, sinnvolle Fragen gestellt und ich fühlte mich verstanden. Ich berichtete, dass ich am Mittag kurz heim gehen würde, um Kleider zu holen und meinen Laptop mitzunehmen. Ich wolle meine Erfahrung mit dem „getriggert“ werden möglichst schnell notieren. Dann berichtete ich noch, was ich sonst noch alles schreiben wolle. Der Doktor, der mir gegenüber sass, hörte zu und sah mich an. Nachdem ich fertig war, lächelte der Arzt kurz und erinnerte mich, wo ich war. Er führte aus, das es vom therapeutischen Ansatz eher kontraproduktiv sei, ich erst mal zur Ruhe kommen solle und vor allem die Zeit im KITZ zur Erholung und Entspannung nutzen solle. Ich schreibe diesen Post nun drei Wochen später als ich es eigentlich wollte - es war die absolut richtige Herangehensweise.
Da das Wochenende und der 1. Mai vor der Tür standen, wurde über einen Austritt am Dienstag, 2.5. gesprochen - und so kam es dann auch.

Nach dem guten Gespräch nam ich das Therapieangebot war. Ich ging ins Hauptgebäude und nahm am Rest der Entspannungsübungen Teil. Wir machten Progressives Muskelentspannungs- Training nach Jakobson.
Bei mir löste es keine Entspannung, sondern unfassbaren Schmerz in Schulter und Nacken aus. All die aufgestaute Anspannung der letzten Tage entlud sich innert Sekunden. Die Leiterin machte mir lieber weise einen Massagetermin für Montag.

Ich ging direkt zur Pflege und liess mich mit 3 Schmerzpflastern zukleistern. Das wirkt sehr schnell und anhaltend bei genau diesen Schmerzen, die ich leider schon zur Genüge kenne.
Dann war auch schon Mittagessen angesagt. Es war Freitag und somit Fischtag in der Klinik. Da ich, was Fische angeht, sehr wählerisch bin, hatte ich mir im Vorfeld schon etwas anderes bestellt.
Vor einem Jahr auf der Akutstation rief ich die Tradition ins Leben, mir freitags immer das Gleiche zu bestellen.
Rindshuftsteak, glasierte Karotten und Kartoffelstock. Tradition ist Tradition - und so ass ich auch diesen Freitag dieses Menü.

Ich war zwar nur ca 70m entfernt von meiner alten Station, aber mir wurde beim Essen bewusst, dass ich nicht mehr der Patient, wie vor einem Jahr war - und ich lächelte innerlich.
Die nächsten Tage nutzte ich vor allem, um Gespräche mit den anderen Patienten zu führen, die herausragenden Mitarbeiter zu beobachten und zu lernen.
Eine Erkenntnis ist sicherlich, dass die Weiterbildung genau der richtige Weg für mich ist. Ich glaube auch von tiefstem Herzen, dass ich die Situation für diese und zukünftige Patienten verbessern kann. Ich explodierte vor „Ich will das machen, ich will jenes Projekt starten“ Energie. Ich musste mich regelrecht zwingen, meine Ideen nur als To-do-Liste festzuhalten und nicht daran zu arbeiten.
Ich bin stolz, dass ich das geschafft habe, auch wenn es mir sehr schwer viel.

Ich erkannte mich und meine Symptome in anderen Patienten und auch, dass ich einen Riesenweg zurück gelegt habe. Etwas, was mir schwer fällt, da ich mich vor allem auf die Sachen konzentriere, die ich bisher gemeistert habe.

Am Montag hatte ich dann die Massage und wir redeten viel währenddessen. Ich konnte hier, wie auch allgemein auf der Station, Werbung für Peers/Gesundheitsbegleiter und die Weiterbildung machen. Obwohl 6 Peers auf dem Gelände arbeiten war dies weitgehend unbekannt.
Weil meine Therapeutin das Thema so spannend fand, vergass sie die Zeit. Anstelle von 45 Minuten wurde ich 80 Minuten behandelt. Ich war natürlich sehr dankbar dafür.
Ich wurde nicht nur von dieser, sondern auch vom Rest des Teams sehr respektvoll, professionell und lieb behandelt.
Königsfelden, wie auch viele andere Kliniken haben heute immer noch einen schlechten Ruf in der Bevölkerung. Dies rührt sicherlich aus der Geschichte, in der sich viele Kliniken nicht wirklich mit Ruhm bekleckerten.
Ich möchte hiermit versuchen, dies zu korrigieren. Aus meiner Erfahrung mit dem KITZ und der CBASP/Trauma Station PH7 wird der Patient ernst genommen und wirklich versucht, ihm zu helfen. Man wird als Mensch behandelt und ernst genommen.
Ich war irgendwie auch sehr froh, am 1.Mai in der Klinik zu sein. Dieses Datum hat seit 2016 eine spezielle Bedeutung.

Ich versuchte mich an diesem Tage umzubringen.

Wie geht man mit dem Jahrestag seines Suizid-Versuches um?

Ich stellte mir die Frage schon während des Kurses, weil da das Datum immer näher rückte. Ob und wie man diesen Tag begehen und oder zelebrieren sollte???
Die Antwort stelle ich mir dann nächstes Jahr erneut, dann hoffentlich außerhalb einer Klinik. Ich habe für mich noch keine befriedigende Antwort, schauen wir mal, was ich nächstes Jahr mache.

Auch sonst war ich fleissig. Ich weiss schon jetzt, dass im Februar 2018 das Modul 7 an die Reihe kommt mit dem Thema „Krisenintervention". Eine Pflegerin habe ich schon gefragt, ob sie sich für ein Interview zur Verfügung stellen würde. Dies wurde überrascht, aber freudig bejaht.
Meine Leiter der Weiterbildung wissen zwar noch nichts von ihrem Glück, denke aber, dass sie das Engagement und die Idee gut finden.

Am Dienstag (2.5.17) hatte ich dann wie erwartet mein Austrittsgespräch. Ich durfte noch bis zum Mittagessen bleiben, um mich von allen Patienten zu verabschieden. Ich hatte tolle Gespräche und eine gute Zeit mit ihnen und ich wollte nicht einfach heim, ohne Tschüss zu sagen.

Vor dem Essen gab es noch Bewegungstherapie, an der ich teilnahm.
War sehr anstrengend und ich pumpte wie ein Maikäfer beim Basketball, aber es machte mir extrem Spass, auch wenn meine Trefferquote unter aller Kanone war.

Was kann ich für mich als Fazit feststellen?

• Ich habe richtig reagiert und bin ins KITZ, bevor es zu einer veritablen Krise kam
• Meine Weiterbildung ist genau das Richtige für mich
• Ich habe einen grossen Weg zurückgelegt und darf stolz auf das Erreichte sein
• Take it easier mit dem Weg, der noch vor dir liegt, er ist weit, aber du bist richtig unterwegs
• Motiviert, was die Zukunft für mich bereit hält

Und so komme ich zum Schluss der Berichterstattung zu Modul 1 / Kitz

Insgesamt habe ich über 17 Stunden mit der Nachbearbeitung verbracht. Viel Zeit für die Reflektion, aber das Resultat ist so wie ich es mir vorgestellt und gewünscht habe.
In 2 Tagen ist dann noch unser Lerngruppentreffen - und nach 7 weiteren Tagen heisst es dann schon;
„Guten Morgen und willkommen zu Modul 2“

… und so schliesse ich dieses Kapitel

Bis die Tage - Freunde der Nacht
Best regards, Dirk P. Flörchinger

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