Modul 3 Tag 3 (29. Juni 2017)

Blitzrunde


Die Nacht war gut aber sehr kurz. Die Selbsthilfegruppe ging bis 22:40 Uhr. Normalerweise sind wir zwischen 21-21:30 Uhr fertig. Aber dieses Mal war es eben nötig, so lange zu machen.
Ich habe aber meine letzte Kraft dort investiert. Ich war so extrem leer.

Auflockerung:

Spielsteine - „Drehen & Zgrützge“ - Fließband
(Zgrützge ist ein Ausdruck aus dem Walliser Dialekt)
Diese Übung hatten wir auch schon mal, verminderte aber nicht den Spass. Jeder hält am Anfang einen Spielstein in seiner offenen, rechten Hand. Ebenfalls jeder in der Runde hält seine linke, offene Hand unter die rechte Hand seines Nachbarn. Dann kommt der erste Befehl der Spielleitung: Drehen:
Jeder im Kreis dreht seine rechte Hand. Im Normalfall, fällt so der Spielstein von der eigenen rechten Hand in die linke des Nachbarn. Fällt ein Spielstein zu Boden, bleibt er liegen.
Dann kommt der zweite Befehl der Spielleitung: Zgrützge (kreuzen zu deutsch)
Man nimmt den erhaltenen Spielstein seines linken Nachbarn und legt diesen in seine offene, rechte Hand.
Dieser Vorgang wird wieder und wieder wiederholt. In der Zwischenzeit fallen mehr und mehr Spielsteine zu Boden. Irgendwann spürt man nicht mehr, ob man einen Spielstein erhalten hat oder nicht.
Als wir aufhörten waren viele Hände leer, ich hatte aber ca. 10 Spielsteine in der Hand. Ein Phänomen, was es so, laut der Referendarin, noch nie gegeben hatte.

Finalisierung: Ablauf Modul 4 - Selbsterforschung

Im nächsten Modul wird jeder von uns einen Vortrag halten, der 15-20 Minuten dauern wird.
Wir haben jetzt die Reihenfolge festgelegt, wer wann und an welchem Tag seinen Vortrag hält.
Ich bin als 2. dran. Dann habe ich es schnell hinter mir.

Autobiographie in fünf Kapiteln

Erster Tag:


Ich gehe eine Straße entlang, am Gehsteig. Plötzlich tut sich vor mir ein Loch im Boden auf. Ich stürze hinein. Ich bin verloren. Ich weiß, ich muss sterben. Kläglich rufe ich um Hilfe. Dann, nach endlos langer Zeit, kommt mir jemand zu Hilfe, hilft mir heraus aus dem Loch.

Zweiter Tag:

Ich gehe die gleiche Straße entlang, am gleichen Gehsteig. Vor mir tut sich unerwartet wieder das Loch im Boden auf. Ich stürze hinein. Ich habe Angst. Aber ich rapple mich auf, und ich erkenne, dass es eine Möglichkeit gibt, wie ich mich selbst befreien kann. Das ist mühsam, aber es gelingt mir schließlich doch.

Dritter Tag:

Ich gehe die gleiche Straße entlang, am gleichen Gehsteig, und da ist wieder das gleiche Loch. Ich falle wieder hinein - aus reiner Gewohnheit. Ich ärgere mich über mich selbst, klettere auf dem mir nun schon bekannten Weg heraus und gehe weiter.

Vierter Tag:

Ich gehe wieder die gleiche Straße entlang, am gleichen Gehsteig, sehe das Loch vor mir - und wechsle die Straßenseite.

Fünfter Tag:

Ich nehme eine andere Straße.


Quelle Prof. Dr. med. Nossrat Peseschkian

Highlight der drei Tage

Wenn ich ein Highlight herausnehmen möchte fällt mir spontan die Übung mit den 10 Wörtern ein.
Zum Start extrem harzig, weil mich meine Erschöpfung komplett ausgestochen hat. Ich beschloss dann, mich aus der Lethargie zu befreien und um Hilfe zu fragen. Was ist dann passiert?
Ich bat um Hilfe und bekam sie auch. Ich konnte mich wegen meiner Erschöpfung nicht mal mehr daran erinnern, was wir am Tag 1 gemacht hatten.
Es brauchte viel Überwindung, mir das einzugestehen und dementsprechend dann zu handeln. Der Lohn war die Erkenntnis, dass ich Hilfe bekomme, wenn ich danach frage. Das Ganze auch noch mit viel Wohlwollen, Freundlichkeit, Fröhlichkeit und Unterstützung.
Hat mir gut getan!

Die eigentliche Übung als solches war für mich auch grandios und das grösste von vielen Geschenken, die ich wieder erhalten habe.
Die unterschiedliche Deutung meiner Symbolik, die ich gewählt habe, war spannend, emotional und hat für mich auch neue Erkenntnisse gebracht.
Ich werde schon wieder sehr aufgewühlt, jetzt wo ich wieder darüber nachdenke.
Ich verspüre grosse Dankbarkeit.

Empowerment-Geschichte
10 Worte


Die Aufgabe
Schreibe deine Geschichte mit 10 Worten (Substantiven)
• Finde einen Titel (gerne auch einen etwas phantasievollen)
• Präsentation der Geschichte in der Kleingruppe
• lese deine 10 Worte langsam vor (ohne Titel)
• lese deine Geschichte nochmals mit deinem Titel vor
• die Anderen beschreiben nun kurz, welche Bilder in ihnen entstanden sind, welche Geschichte sie gehört haben (bitte nicht kommentieren)
• Erkläre nun deine Geschichte
• Nächste Geschichte ... 
• Abschluss nach allen Geschichten: 
• Was wurde verstanden, was wurde nicht verstanden, was war überraschend?


Die Geschichte der Anderen ist zu persönlich, um sie hier zu präsentieren, auch wenn ich es anonymisieren würde, könnte man die Geschichtenerzähler identifizieren.

Nun aber zu meinen Wörtern:



Hoffnungslos
Angst Versager Wertlos Lebensmüde Zündhölzli Hoffnung Fixstern Zukunft Peer


1. Deutung von Klassenkamerad:


… Ich hätte nach langer Zeit eine Schachtel Zündhölzli in meiner Hosentasche entdeckt und eines angezündet. Ich hätte einen Weg aus dem Loch gefunden. Oben angekommen ist es dann wieder dunkel geworden. Als sich aber meine Augen an die Dunkelheit gewohnt hatten, fiele mir der Sternenhimmel auf. Ich entdeckte einen Fixstern und folgte ihm in eine bessere Zukunft als Peer.

2. Deutung von Klassenkamerad:


… das kleine Feuer des Zündholzes wurde grösser und grösser und entwickelte sich zu meinem Fixstern. Auf dem Weg verbrannte es die negativen Gefühle. Nun leuchtet es und gibt mir Orientierung in die Zukunft als Peer.

Meine Geschichte, die hinter den 10 Worten steckt, ist diese (Kurzversion):


Nach vielen Jahren der Hoffnungslosigkeit, der Angst, dem Gefühl ein Versager zu sein und sich wertlos fühlen, kam ich zu dem Punkt, an dem ich lebensmüde wurde.
Sogar so weit, dass ich auf die Zuggleise sprang.

Wenig später besuchte ich einen Kurs mit dem Titel „Recovery“. Lustige Hintergrund-Info: Ich besuchte den Kurs zu Beginn nur, weil ich nicht in meine eigentliche Therapie gehen wollte!
Zufälle gibts…

Anyway, in diesem Kurs traf ich meine erste Genesungsbegleiterin oder eben Peer. Für mich war ihre Lebensgeschichte und ihre Krise schlimmer als meine eigene. So entzündete sich ein Flämmchen von einem Streichholz der Hoffnung in mir. Ich dachte, wenn sie es geschafft hat, habe auch ich die Chance, es zu packen.
Dieser Kurs war wirklich für mich der Weg aus der Hoffnungslosigkeit. Die Hoffnung, eine Zukunft für mich zu gestalten, die lebenswert ist, begann Form anzunehmen. Der Wunsch, Peer zu werden und ebenfalls Hoffnungsträger für andere Patienten zu werden, wurde zu meinem Fixstern, wie ich meine Zukunft gestalten wollte. Mit vielen Zufällen und Glück habe ich wirklich einen der Plätze in der Weiterbildung ergattert.
Das ist die Story hinter meinen 10 Wörtern. Die Beschreibungen der Anderen hat mich recht bewegt. Es war auch für mich spannend zu erfahren, wie andere Menschen meine gewählte Symbolik deuten.

Für mich wird diese Übung lange im Gedächtnis bleiben, ich hoffe, wir machen ähnliche Sachen nochmals in der Zukunft.

Mein Praktikum werde ich damit verbringen, mit der damaligen Kunstlehrerin den Recovery-Kurs für jetzige Patienten der Akut-Station durchzuführen. Es schliesst sich ein Kreis - und das finde ich grossartig.

Dann hatten wir den Rest des Tages Gäste. Wir präsentierten die Themen Stigmata und Empowerment. Die Diskussionen waren auch sehr spannend und bereichernd.

Links & Literatur
www.selbsthilfeschweiz.ch/shch/de.html
www.patientengeschichten.ch
www.quint-essenz.ch/de/topics/1248
www.psychiatrie.de
www.stimmenhoeren.de


• „Selbstbefähigung fördern –Empowerment und psychiatrische Arbeit“; A. Knuf, M.Osterfeld, U. Seibert; Psychiatrie Verlag 2007 

• „Empowerment in der psychiatrischen Arbeit“; A. Knuf; Psychiatrie Verlag 2009 

Abschlussrunde

Ein weiteres Modul ist nun Geschichte.

Schön war es! Vor allem meine grossartigen Klassenkameraden wieder zu treffen ist immer wieder ein Highlight -jeden Monat.
Ich freute mich nur noch auf mein Bett.
Als ich um 18:00 Uhr daheim war, habe ich erst einmal 2 Stunden geschlafen. Dann kam der Mitleidsgedanke an 3 meiner Klassenkameraden, die ins Bündnerland unterwegs waren und noch eine halbe Stunde Zugfahrt vor sich hatten.
Viel Zeit zum Regenerieren blieb mir nicht, da wir uns in nur 5 Tagen wieder in St. Urban trafen, um uns vor allem über Praktika auszutauschen.

Bis zum nächsten Bericht.
Bis die Tage - Freunde der Nacht Best regards, Dirk P. Flörchinger

Comments

Popular posts from this blog

CBASP Therapie

🇬🇧🇺🇸About & Disclamer

🇩🇪🇨🇭 Management Summary Modul 6 (10-12. Oktober 2017)